Ehrenamtliche Richter

Allgemeines

Durch die Beteiligung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern in Gerichtsverfahren soll das Vertrauen der Bürger in die Justiz gestärkt und eine lebensnahe Rechtsprechung erreicht werden. Sie bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen Justiz und Gesellschaft und stärken das Vertrauen in die Rechtsprechung. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter sollen die in ihrem täglichen, beruflichen und sozialen Umfeld gewonnenen Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen in die Verhandlungen und gemeinsamen Beratungen einbringen und damit die juristisch geprägte Sichtweise der Berufsrichter sinnvoll ergänzen.

Rechte und Pflichten

Bei den Verwaltungsgerichten wirken die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter bei mündlichen (Kammer-)Verhandlungen und bei der Urteilsfindung mit den gleichen Rechten wie die Berufsrichter mit (§ 19 Verwaltungsgerichtordnung – VwGO). Für sie gilt ebenso wie für die Berufsrichter die Unabhängigkeitsgarantie des Artikel 97 Grundgesetz (GG). Sie haben bei der Ausübung ihres Amtes dieselben Rechte wie die Berufsrichter, insbesondere hinsichtlich der Abstimmungen und der Ausübung des Fragerechts in den mündlichen Verhandlungen. Wie die Berufsrichter sind sie bei der Ausübung ihrer richterlichen Tätigkeit unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter gelten auch dieselben Pflichten, wie für die Berufsrichter, d. h. insbesondere die Verpflichtung zur Unparteilichkeit, zur Wahrung des Beratungsgeheimnisses, zu einem dem Richteramt angemessenen Verhalten (auch außerhalb des Amtes), das nicht das Ansehen der Gerichte in der Öffentlichkeit erschüttert oder dem Rechtssuchenden das Vertrauen in eine einwandfreie Amtsführung nimmt. Außerdem sind die gewählten ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zur Übernahme des Amtes und zur Eides- bzw. Gelöbnisleistung verpflichtet.

Welche Voraussetzungen gibt es für eine Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin/ehrenamtlicher Richter?

Ehrenamtliche Richterinnen und Richter müssen Deutsche sein, sollen das 25. Lebensjahr vollendet und ihren Wohnsitz innerhalb des Gerichtsbezirkes haben (§ 20 VwGO).

 

  • Ausschlussgründe (§ 21 VwGO) für die Berufung zum ehrenamtlichen Richter sind u. a.:

- Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter

- Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten

- Anklageerhebung wegen einer Tat, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann

- Fehlendes Wahlrecht zu den gesetzgebenden Körperschaften des Landes 

 

  • Hinderungsgründe (§ 22 VwGO) für die Berufung zum ehrenamtlichen Richter:

- Mitglieder des Bundestages, des Europäischen Parlaments, der gesetzgebenden Körperschaften eines Landes, der Bundesregierung oder einer Landesregierung

- Richter

- Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, soweit sie nicht ehrenamtlich tätig sind

- Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit

- Rechtsanwälte, Notare und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen

 

  • Ablehnungsgründe (§ 23 Abs. 1 u. 2 VwGO)

Die Berufung zum ehrenamtlichen Richter dürfen ablehnen:

- Geistliche und Religionsdiener

- Schöffen und andere ehrenamtliche Richter

- Personen, die zwei Amtsperioden lang als ehrenamtliche Richter bei Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit tätig gewesen sind

- Ärzte, Krankenpfleger, Hebammen

- Apothekenleiter, die keinen weiteren Apotheker beschäftigen

- Personen, die die Regelaltersgrenze nach dem SGB VI erreicht haben

- Befreiung auf Antrag in besonderen Härtefällen (§ 23 Abs. 2 VwGO)

 

Wie wird man zur ehrenamtlichen Richterin/zum ehrenamtlichen Richter gewählt?

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter werden durch einen Wahlausschuss, der beim jeweiligen Verwaltungsgericht besteht, auf fünf Jahre gewählt. Der Wahlausschuss setzt sich zusammen aus dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts, einem von der Landesregierung bestimmten Verwaltungsbeamten und sieben vom Landtag gewählten Vertrauensleuten. Grundlage für die Wahl sind Vorschlagslisten, die von den Kreisen und kreisfreien Städten aufgestellt werden. Der Wahlausschuss bestimmt für jeden Kreis und für jede kreisfreie Stadt die Zahl der Personen, die in die Vorschlagsliste aufzunehmen sind. Grundsätzlich ist dies die doppelte Anzahl der beim Verwaltungsgericht benötigten ehrenamtlichen Richtern (§§ 25 bis 29 VwGO).

Der Wahlausschuss entscheidet bei der Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen; sachfremde Erwägungen, insbesondere auch Erwägungen politischer oder wirtschaftlicher Art, sind unzulässig. Der Wahlausschuss einigt sich daher in der Regel auf bestimmte Kriterien zur Auswahl der Kandidaten, wie z. B. Parität der Geschlechter, Altersstruktur, berufliche Tätigkeit, regionale Ausgewogenheit, frühere Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter. Die jeweils erforderliche Zahl von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern wird aus den Vorschlagslisten mit mindestens 2/3 Mehrheit der Stimmen gewählt.

Wahlen 2020 beim Verwaltungsgericht Schwerin

Im August 2020 fanden die Neuwahlen der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter für das Verwaltungsgericht Schwerin statt.

Wie häufig wirken ehrenamtliche Richterinnen/ehrenamtliche Richter an den mündlichen Verhandlungen des Verwaltungsgerichts mit?

Mündliche Verhandlungen der Verwaltungsgerichte finden zwar regelmäßig statt, dennoch müssen ehrenamtliche Richterinnen und Richter nicht damit rechnen, öfter als ca. zwei oder drei Mal im Jahr zu Sitzungen herangezogen zu werden. Zum einen wird ein Großteil der verwaltungsgerichtlichen Verfahren (ca. 80 %) durch den/die Einzelrichter/in verhandelt und entschieden. Zum anderen sind insgesamt 84 ehrenamtliche Richterinnen und Richter beim Verwaltungsgericht Schwerin tätig, die auf die einzelnen Kammern verteilt werden und jeweils der Reihe nach zu den Sitzungen geladen werden. Ist eine ehrenamtliche Richterin/ein ehrenamtlicher Richter (z. B. durch Krankheit oder urlaubsbedingter Ortsabwesenheit) an der Teilnahme an einer Sitzung verhindert, ist sie/er erst beim nächsten Durchlauf der Liste wieder an der Reihe. Hieraus ergibt sich die ungefähre Häufigkeit der Mitwirkung an mündlichen Verhandlungen. Eine monatliche oder gar wöchentliche Heranziehung zu Sitzungen ist nicht zu erwarten.

Vorbereitung auf die mündlichen Verhandlungen

Eine Vorbereitung auf die Sitzungen (mündliche Verhandlungen) oder auch eine vorherige Beschäftigung mit dem Verwaltungs- oder Verwaltungsprozessrecht ist nicht erforderlich. Vor den einzelnen mündlichen Verhandlungen werden die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Regel von dem für den konkreten Fall zuständigen Richter der Kammer über den Sachverhalt des anstehenden Verfahrens informiert. Zudem wird der Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung für alle Beteiligten nochmals vorgetragen. Selbstverständlich steht den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern während der mündlichen Verhandlung - ebenso wie den Berufsrichtern - ein Fragerecht zu; in der Regel wird der/die Kammervorsitzende hierzu auch ausdrücklich Gelegenheit einräumen. Nach Beendigung der mündlichen Verhandlung zieht sich das Gericht - sofern das Verfahren streitig zu entscheiden ist - zur Beratung zurück. Auch in der Beratung wird der jeweilige Rechtsstreit nochmals ausführlich dargelegt und in rechtlicher Hinsicht erörtert. Auch im Rahmen dieser Diskussion besteht die Möglichkeit, Fragen zum Sachverhalt oder zur Rechtslage zu stellen.

Entschädigung

Ehrenamtliche Richterinnen und Richter erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). Diese Entschädigung wird geleistet für Zeitversäumnis, Verdienstausfall, Fahrtkosten usw. Die für die Antragstellung notwendigen Vordrucke werden jeder Terminsladung ebenso beigefügt wie ein Merkblatt, das weitergehende Informationen enthält.

 

Entbindung vom Amt

Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden (§ 24 Abs. 1 VwGO), wenn er

- nach §§ 20 bis 22 VwGO nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann

- seine Amtspflichten gröblich verletzt hat

- einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 VwGO geltend macht

- die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt

- seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.

In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden (§ 24 Abs. 2 VwGO). Dies ist z. B. der Fall, wenn besondere Umstände gegeben sind, die die Ausübung des Amtes unzumutbar erscheinen lassen, wie Gebrechlichkeit oder eine außerordentliche berufliche oder familiäre Beanspruchung. Dies gilt allerdings nicht bereits dann, wenn eine lediglich starke berufliche Belastung oder vorübergehende Probleme bei der Betreuung oder Beaufsichtigung von Kindern vorliegen. Des Weiteren liegt ein Härtefall nicht bei bestimmten Gewissensgründen, gewöhnlichen seelischen Belastungen oder bei religiösen Gründen vor. 

Das Amt als ehrenamtlicher Richter endet in allen Fällen erst, wenn der dafür zuständige Senat des Oberverwaltungsgerichts einem Antrag auf Entbindung stattgegeben hat.

 

Ansprechpartner

Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Stefanie Wendt                                  
Telefon: 0385-54040
Telefax: 0385-54042005
E-Mail: verwaltung@vg-schwerin.mv-justiz.de